Die Erde hat das letzte Wort

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Unser Miquel Manresa von Son Alegre wurde vor kurzem gebeten, der neuen Zeitschrift ConCiencia ein Interview zu geben, die in Palma monatlich veröffentlicht wird, nun erst im zweiten Monat. Das Interview wurde in der Dezemberausgabe 2016 unter der Überschrift ‚La tierra tiene la última palabra‚ (‚Die Erde hat das letzte Wort‘) veröffentlicht. Wir von Son Alegre freuen uns sehr über diese Veröffentlichung und möchten Ihnen hier die Gelegenheit geben, sie selbst zu sehen und zu lesen.

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Für diejenigen, die sich mit der spanischen Sprache vielleicht etwas schwer tun, geben wir das Interview in einer Übersetzung wieder:

DIE ERDE HAT DAS LETZTE WORT

Weingut Son Alegre

Der Inhaber des Weinguts Son Alegre, Miquel Manresa, führte uns stolz über sein Weinbaugebiet, das ein perfektes Beispiel dafür ist, wie die Natur imstande ist, sich um Alles selbst zu kümmern.

Unser Spaziergang beginnt mit dem Hören der ‚Klänge der Erde‘. Dieser Mann ist in den Weinbau und in seine Arbeit verliebt; er lässt uns an seinem Dialog mit der Natur teilhaben. Er spricht mit jedem Stein, mit jeder Strauch und mit jedem Tier oder Insekt, um allen für ihren jeweiligen Beitrag und ihre Mitarbeit zu danken, da erst durch sie die Obstproduktion auf diesem Anwesen ermöglicht wird, und uns so den besten 100% ökologischen Wein gibt.

Das Land macht den Prozess der Bodenkultivierung ganz alleine. Es gibt keine Notwendigkeit für uns Menschen, zu tun, was das Wurzelsystem, die Würmer und die Mikroorganismen viel besser selbst tun können. Der Vorgang des Pflügens des Bodens verändert zudem die natürliche Beschaffenheit der Erde und der gesamten Umwelt und fördert so das Wachstum von Unkraut. Miquel vermittelt uns mit seiner resoluten Überzeugung, dass wir nur durch Respekt der Natur und Liebe zur Natur das Gleichgewicht und die Harmonie finden können, die wir häufig schon verloren haben und die wir heutzutage so dringend brauchen.

Miquel erklärt uns ausserdem, dass der Weinbau nach den Prinzipien von Masanobu Fukuoka [1] betrieben wird, die auf einer ‚absoluten Achtung von Natur und Umwelt basieren.

Die besonderen meteorologischen Bedingungen unseres Weinguts geben unserem Wein die einzigartigen und besonderen Qualitäten, für die er seinen Zuspruch gefunden hat. Die kalte Luft, die vom Meer kommt, stößt auf warme Luft, die durch den Kontakt mit derangewärmten Erde erwärmt wurde, und diese Begegnung erzeugt während der heißen Sommernachmittage eine ständige frische Brise.

Wir neigen dazu, zu glauben, dass es die Traube ist, die dem Wein den besonderen Geschmack verleiht, wenn es in Wirklichkeit der Boden ist, auf dem die Trauben angebaut sind, der seinen einzigartigen Geschmack erzeugt. Dies geschieht aufgrund der Charakteristik des Bodens und seiner Beschaffenheit, aufgrund des Vorhandenseins in der Erde von elementaren Nährstoffen für die Reben und auch teilweise aufgrund des Mikroklimas der Region.

Das Weingut Son Alegre baut Reben auf 15 Hektar an zwei verschiedenen Orten an, einem am Rande von Santanyí, im Gebiet zwischen Son Danus und Ses Angoixes, und einem anderen in der Gegend von Can Taconer in Calonge.

Für uns bedeutet das Anbauen der Trauben eine Gelegenheit, die wundervolle Komplexität der Natur und der natürlichen Umgebung täglich neu zu erleben. Wir arbeiten mit den klassischen Methoden des Weinbaus und der Önologie. Die Traubenernte wird nur von Hand und in Körben durchgeführt, das Pressen erfolgt auf traditionelle Weise, der Gärungsprozess wird durch native natürliche Hefen unterstützt und die Fässer für die Reifung des Rotweins sind aus französischer Eiche hergestellt.

Für unsere Arbeit auf Son Alegre ist der Mondkalender ein sehr wichtiges Hilfsmittel. Durch die Beobachtung der Mondphasen kennen wir die jeweils optimale Zeit für das Beschneiden unserer Pflanzen, das Pfropfen der Pflaumen auf die Mandelbaumäste, das Pflanzen von jungen Bäumen, das Aussäen von Getreide, die Traubenlese, die Paarung von Schweinen, Schafen oder Pferden, oder sogar das Schneiden unserer Haare, so wie dies schon unsere Vorfahren immer gekannt haben.

Er spricht sehr angeregt über alle Bereiche der Finca, so dass es nicht immer leicht ist, ihm zu folgen und auch, so viel Informationen in einem einzigen Interview unterzukriegen.

Die Natur kreiert, und sie schafft Frieden, sie unterstützt uns und hilft uns, einen ausgeglichenen Gleichgewichtszustand zu finden, also genau das, was in unserer heutigen Zeit so dringend benötigt wird.

Bald konzentriert sich das Gespräch auf Themen wie Erziehung und Schulung sowie auf die Wichtigkeit, unseren Kindern den Kontakt mit einer natürlichen und gesunden Umwelt ständig zu ermöglichen. *

* ConCiencia und MundoFeliz regen unsere Leser an, dieses besondere Weingut zu nutzen, um Workshops für Schulkinder zu veranstalten, um so den Jugendlichen eine Chance zu geben, sich mit dem Land, der Erde und der Natur auseinanderzusetzen.

Wir könnten diesem Mann stundenlang zuhören, der uns so viele Weisheiten vermittelt, die er durch seine Arbeit gelernt hat, die er Tag für Tag auf diesem Weingut durchführt und bei der er ständig in Verbindung mit der Natur ist, die er so sehr liebt und die er so tief respektiert.

Miquel, es wäre eine Ehre für uns, Sie bei einigen unserer Konferenzen und Veranstaltungen mitwirken zu lassen. In unserer Zeitschrift werden Sie immer einen besonderen Platz haben. Und natürlich probieren wir Ihre Weine!

Darauf antwortet er in seiner stets entspannten Manier, die so harmonisch und ruhevoll ist wie sein Land, daß er gerne sein Wissen mit uns, unseren Lesern und unseren Freunden teilt.

Auf ein baldiges Wiedersehen, Miquel.

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[1] Die Prinzipien von Masanobu Fukuoka (1913-2008):

Der Boden soll nicht gepflügt oder umgegraben werden: Nur auf diese Weise werden Struktur und Zusammensetzung des Bodens mit den optimalen Bedingungen an Feuchtigkeit und Mikronährstoffen gewährleistet.

Chemischer Dünger oder kommerzieller Kompost sollen nicht verwendet werden: Durch die Wechselwirkung der verschiedenen botanischen, tierischen und mineralischen Bestandteile der Erde wird die Fruchtbarkeit des bebauten Bodens wie in jedem nicht-domestizierten Ökosystem regeneriert.

Herbizide oder Unkrautvernichtungsmittel sollen nicht verwendet werden: Diese zerstören die Nährstoffe und den Mikroorganismus des Bodens und sind nur in Monokulturen gerechtfertigt. Stattdessen schlägt Fukuoka eine Wechselwirkung der Pflanzen untereinander vor, um so die biologische Vielfalt des Bodens zu bereichern und zu unterstützen.

Chemische Pestizide sollen nicht verwendet werden: Durch diese stirbt der natürliche Reichtum des Bodens ab. Die Anwesenheit von Insekten in der Landwirtschaft kann überaus nützlich sein.

Die Pflanzen sollen nicht beschnitten werden: Dem Pflanzenwachstum soll erlaubt werden, seinem natürlichen Kurs zu folgen.

Die Verwendung von Samenbomben ist empfehlenswert.

All diese Prinzipien basieren auf einer Philosophie des Nichts-Tuns (Wu Wei), oder genauer, des Nicht-Eingreifens oder des Unterlassens davon, Dinge oder Abläufe zu erzwingen.

Masanobu Fukuoka gelangte zu seinem Verständnis der Mikrosysteme des Bodens und des daraus entwickelten Systems der ‚Nichts-Tun-Landwirtschaft‘, das auf unnötige Bodenbearbeitung und unnötige Anstrengungen der herkömmlichen Landwirtschaft verzichtet. Seine Methode, die er manchmal Mahāyāna-Naturlandwirtschaft nannte, beruht darauf, zu geben und im Gegenzug auf natürliche Weise zu erhalten, anstatt dem Boden zwanghaft Dinge abzufordern, bis dieser erschöpft ist.

Winter auf dem Weingut in Mallorca

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Bei einem Streifzug durch Mallorca im Spätherbst trifft man auf eine Vielzahl von Weinbergen in einer herrlichen Farbenpracht von Gelb-, Orange- und Rottönen. Diese Weingüter waren während der Monate August und September noch voller Leben, als nämlich die Weinlese stattfand. Jetzt, zu Beginn des Winters, liegen die nun farbleeren Weinfelder still und scheinen, bar jeglicher Aktivität, leblos, schlafend, fast tot.

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Aber hier findet mehr statt, als das blosse Auge wahrnehmen kann. Ja, die Vitis-vinifera-Rebstöcke haben ihre Traubenproduktion nun eingestellt, aber dafür stellen sie jetzt eine erstaunliche Menge an Ethen (C2H4) her, eine organische Verbindung, die das Abwerfen der Blätter ermöglicht. Gleichzeitig produzieren die Rebstöcke auch Abscisinsäure, ein Phytohormon, das während der Wintermonate benötigt wird, wenn die Pflanze in den Ruhezustand des Winterschlafes verfällt. Dieses Pflanzenhormon verhindert, dass während des Ruhezustands eine Zellteilung stattfindet und es suspendiert zugleich jegliches Wachstum.

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Der Rebstock ist sehr klug; er weiß genau, wie er seinen Stoffwechsel, seinen Energieverbrauch und sein Wachstum regulieren muss. Durch das Verhindern des Wachstums im Winter wird viel Energie bewahrt. Dieser Vorgang ähnelt dem Winterschlaf eines Tieres. Die meisten Tiere, die Winterschlaf halten, speichern Fett als Nahrungsvorrat, der dann dazu verwendet wird, die wichtigsten Organsysteme im Winter am Leben zu halten, anstatt weiter zu wachsen. Genauso verlangsamt sich der Stoffwechsel der Rebstöcke während des Winterschlafs, und das ist teilweise der Grund, warum auch das Zellwachstum unterbunden wird. Da die Pflanze die gespeicherte Energie konservieren muss, ist es für sie am besten, wenn sie die Energie spärlich und nur für die wesentlichsten Funktionen einsetzt.

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Wir von Son Alegre halten uns daran, diesen energetischen Prozess des Blattabwerfens und Absorbierens nicht zu stören. Ehrlich gesagt, mischen wir uns das ganze Jahr über so wenig wie möglich in den natürlichen Ablauf der Dinge auf unserem Weingut ein. Wir haben unsere zahllosen stillen und meist unsichtbaren Helfer, nämlich Ameisen und Würmer, Marienkäfer und Bienen, Spinnen und Schnecken, die uns Tag für Tag mit der Versorgung von Sauerstoff und Feuchtigkeit in unserem Bodens und der Verteilung von Nährstoffen, Spurenelementen und Makronährstoffen helfen. Ohne diese Helfer könnten wir unser Geschäft des Weinbaus nicht wahrnehmen; ohne sie würde es gar keinen Son Alegre Wein geben.

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Wir wollen niemals vergessen, was die Natur Tag für Tag, das ganze Jahr über, für uns und unser Weingut tut. Danke.

Und lassen Sie uns auch nicht vergessen, John Hinde unseren Dank auszusprechen, dem Fotografen des heutigen Blog-Eintrags und der meisten Fotos auf diesem Blog, die in diesem Jahr hier veröffentlicht wurden. Thank you, John.

Muchas Gracias.